4.2. Blockgletscherdynamik

Die Blockgletscherdynamik ist komplex, da sie von vielen topografischen, glaziologischen, thermischen und hydrologischen Faktoren gesteuert wird.

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Ein aktiver Blockgletscher ist ein lockerer Sedimentkörper, der durch das darin enthaltene Eis-Fels-Gemisch einer kontinuierlichen Deformation unterliegt. Dieser Prozess des Blockgletscherkriechens (oder «Permafrostkriechens«) äussert sich in einem kohäsiven Fliessen von der Wurzel bis zur Front des Blockgletschers (Abb. 1). Allerdings sind die Bewegungen sowohl an der Oberfläche als auch im Inneren des Blockgletschers nicht gleichmässig verteilt. So findet in einem Blockgletscher der Grossteil der Deformation in einer wenige Meter dicken Schicht – dem sogenannten Scherhorizont – in einer Tiefe von etwa 20 Metern statt. Die Tiefe des Scherhorizonts kann jedoch von Blockgletscher zu Blockgletscher variieren (Abb. 2 & 3). Dieser Horizont befindet sich im Inneren des Blockgletschers und nicht an seiner Basis in Kontakt mit dem felsigen Untergrund.

Viele Parameter beeinflussen die Dynamik eines Blockgletschers:

  • Neigung: Aufgrund der Schwerkraft ist die Deformationsgeschwindigkeit des Blockgletschers bei starker Neigung des Geländes hoch und der Scherhorizont liegt in geringerer Tiefe. Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Neigung gering ist (geringe Geschwindigkeit und tiefer Scherhorizont).
  • Eismenge: Eis verleiht einem Material, das in ungefrorenem Zustand keinen Zusammenhalt hätte, eine gewisse Konsistenz und Viskosität. Für die Bewegung des Lockermaterials ist eine Eisübersättigung erforderlich (siehe Factsheet Permafrost 1.8). Es besteht jedoch kein direkter Zusammenhang zwischen dem Eisgehalt und der Bewegungsgeschwindigkeit des Blockgletschers.
  • Thermischer Einfluss: Wenn die Temperatur steigt und sich dem Schmelzpunkt nähert, verformt sich das Eis leichter und der Gehalt an flüssigem Wasser im gefrorenen Körper des Blockgletschers nimmt zu. Das Gegenteil geschieht, wenn die Temperatur sinkt. Schwankungen in der Geschwindigkeit von Blockgletschern sind somit zu einem grossen Teil eine Folge der Temperaturänderungen des Permafrosts (siehe Factsheet Permafrost 4.5). Bei gleichem Gefälle bewegen sich Blockgletscher mit einer Temperatur um 0 °C schneller als kalte Blockgletscher (siehe Factsheet Permafrost 1.2). Wenn die Permafrosttemperatur unter etwa -3 bis -5 °C liegt, findet der Kriechprozess nicht statt.
  • Vorhandensein von nicht gefrorenem Wasser: Aufgrund des Drucks gibt es im gefrorenen Körper eines Blockgletschers immer einen gewissen Anteil an flüssigem Wasser. Dieser Anteil steigt schnell an, wenn sich die Temperatur 0°C nähert, was eine Beschleunigung der Bewegungen nach sich zieht. Flüssiges Wasser wirkt sich auf verschiedene Weise auf die Bewegung eines Blockgletschers aus: hydrostatischer Druck, Abnahme der inneren Kohäsionskräfte, Schmierung von Scherflächen, Rolle bei der Erhaltung und Menge des Eises im Permafrost usw. Das Fliessen von flüssigem Wasser im Blockgletscher kann innerhalb der Auftauschicht (Suprapermafrost-Fliessen), im Permafrostkörper (Intrapermafrost-Fliessen) oder an der Basis des gefrorenen Körpers (Subpermafrost-Fliessen) stattfinden (Abb. 4 & 5). Abhängig von der Topographie ist auch die Existenz eines Grundwasserleiters unterhalb des Blockgletschers möglich, wie am Mùrtel-Corvatsch im Engadin (GR) gezeigt wurde. Das Über die Hydrologie von Blockgletschern und deren Einfluss auf dessen Dynamik ist jedoch noch wenig bekannt.