Der periglaziale Prozessbereich umfasst kaltklimatische Gebiete ausserhalb der Gletscher, in denen Frost und Frost-Tau-Wechsel eine entscheidende Rolle spielen. Man unterscheidet:
Boden mit periodischem Frost (Tages- und/oder Jahreszeitenfrost): Die oberste Bodenschicht gefriert im Winter und taut im darauffolgenden Frühling und Sommer wieder auf. Die Tiefe variiert je nach Intensität und Dauer des Frostes von wenigen Zentimetern bis zu 3 oder 4 Metern. Synonym: Frostboden.Dauerfrostboden (Permafrost): Untergrundhorizont unterschiedlicher Dicke (von einigen Metern bis zu mehreren hundert Metern), der dauerhaft gefroren ist oder mindestens ein ganzes Jahr lang nicht auftaut. Die Permafrostobergrenze (auch Permafrosttafel oder Permafrostspiegel genannt) wird in der Regel von einem Horizont überlagert, welcher im Sommer auftaut. Diese Auftauschicht kann je nach klimatischen (geographische Lage) und meteorologischen (zwischenjährliche Variabilität) Gegebenheiten einige Zentimeter bis einige Meter dick sein. Der geothermische Wärmefluss (ca. 1-3 °C pro 100 m) begrenzt das Gefrieren an der Basis des Permafrosts (Abb. 1).
Permafrost, ein thermisches Phänomen
Permafrost ist ein rein thermisches Phänomen, das alle Arten von Gesteinen und Sedimenten betrifft. Das Wort «Eis» kommt in der Definition bewusst nicht vor, da sich im Permafrostboden nicht unbedingt Eis befinden muss! Ausserdem ist Permafrost per Definition hauptsächlich unter der Erdoberfläche «versteckt» und kann daher nur selten direkt beobachtet werden. Landformen wie Blockgletscher weisen jedoch auf seine Präsenz hin (Factsheet Permafrost 4.1).
Wo findet man Permafrost?
Permafrost kommt in hohen Breitengraden (zirkumpolarer Permafrost, Abb. 2) und in grossen Höhen (Gebirgspermafrost) vor. Er bedeckt etwa 13-18 % der Landfläche der nördlichen Hemisphäre (hauptsächlich in Alaska, Kanada und Sibirien). Der zirkumpolare Permafrost nimmt grosse Flächen in der Tundra (Abb. 3) und in den borealen Wäldern (Taiga) ein (Abb. 4).
In den Schweizer Alpen kommt Permafrost im Durchschnitt oberhalb von etwa 2.500 m ü.M. vor und bedeckt bis zu 4-5 % der Landfläche (eine Fläche also, die doppelt so gross ist wie die von Gletschern bedeckte Fläche, siehe Factsheet Permafrost 1.7). Die Auftauschicht weist Mächtigkeiten von 2 bis 5 Metern auf, kann aber je nach Lufttemperatur, Dauer der Schneebedeckung, Dicke der Schneedecke und Eisgehalt des Untergrunds jährlich schwanken. Die Dicke des Permafrosts beträgt im Durchschnitt 20 bis 60 Meter. Im Monte-Rosa-Massiv (VS) kann der Boden jedoch bis in eine Tiefe von 500 m gefroren sein.Aufgrund von Unterschieden in der thermischen Funktionsweise (bedingt durch die Bedeutung von Kontrollfaktoren, siehe Factsheet Permafrost 1.3) und der Entwicklung sind drei Arten von Gelände zu unterscheiden, die Permafrost enthalten können (Abb. 5 & 6):
- Felsige Bereiche (Felswände, vergletscherte Felswände) (Factsheet Permafrost Kapitel 3).
- Gebiete mit Lockergesteinen (Blockgletscher, Schutt-/Geröllhalden, Moränen, Gletschervorfelder) (Factsheet Permafrost Kapitel 4).
- Gebiete unterhalb des alpinen Bereichs mit diskontinuierlichem Permafrost (belüftete Schutthalden, Höhleneis) (Factsheet Permafrost Kapitel 5).
Abb .1: Schematisches Temperaturprofil eines Permafrostbodens. MAGST steht für Mean Annual Ground Surface Temperature (durchschnittliche jährliche Bodenoberflächentemperatur).
Abb. 1: Schematisches Temperaturprofil eines Permafrostbodens. MAGST steht für Mean Annual Ground Surface Temperature (durchschnittliche jährliche Bodenoberflächentemperatur).
Abb. 2: Karte des weltweiten Permafrostvorkommens.
Abb. 2: Karte des weltweiten Permafrostvorkommens.
Fig. 3 – Paysage de la toundra arctique au sud de Prudhoe Bay en Alaska (69° latitude Nord). La butte au centre de l’image est un pingo, une forme typique du pergélisol circumpolaire.
Abb.3: Arktische Tundralandschaft südlich von Prudhoe Bay in Alaska (69° nördliche Breite). Der Hügel in der Mitte des Bildes ist ein Pingo, eine typische Form des zirkumpolaren Permafrosts.
Fig. 4 – Paysage de la taïga ou forêt boréale à la latitude du cercle polaire en Alaska (66°33’ latitude Nord). Dans ces environnements, il est fréquent que les arbres penchent formant des « drunken forests ».
Abb.4: Landschaft der Taiga oder des borealen Waldes auf der Höhe des Polarkreises in Alaska (66°33′ nördliche Breite). In diesen Umgebungen neigen sich die Bäume häufig und bilden sogenannte «drunken forests».
Fig. 5 – Modèle simplifié d’un versant alpin indiquant la localisation des trois grands types de zones pouvant contenir du pergélisol.
Abb.5: Vereinfachtes Modell eines alpinen Hangs, das die Lage der drei Haupttypen von Gebieten, welche Permafrost enthalten können, darstellt
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Abb.6: Entwicklung der mittleren jährlichen Bodenoberflächentemperatur (MAGST) für die drei verschiedenen Gebiete, die Permafrost enthalten können. Die Temperatur vom 1. Januar 2003 entspricht dem Durchschnitt der Tageswerte zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 1. Januar 2003. Diese Grafik veranschaulicht gut die Komplexität des Auftretens und der Entwicklung des alpinen Permafrosts. Beachten Sie, dass die mittlere jährliche Bodenoberflächentemperatur im Jahr 2003 bei den Zwergfichten der unterkühlten Geröllhalde des Creux-du-Van auf 1200 m Höhe fast so kalt war wie in der Felswand der Eiger-Nordwand auf 2860 m ü.M.!