1.10. Entwicklung der Permafrosttemperatur (2/2)

Temperaturschwankungen an der Bodenoberfläche sind in der Tiefe nicht sofort zu beobachten. In der Regel dauert es etwa 6 Monate, bis die an der Bodenoberfläche gespeicherte Wärme durch Konduktion in eine Tiefe von 10 Metern gelangt. An vielen Standorten in den Schweizer Alpen ist seit 2005 ein Trend zu einer Permafrosterwärmung von einigen Zehntel Grad zu beobachten.

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b) Temperaturentwicklung zwischen 10 und 20 Metern Tiefe

Die Dicke der Auftauschicht reagiert (je nach Eisgehalt) relativ schnell auf atmosphärische Bedingungen, während das thermische Verhalten des Permafrostkörpers eine hohe Trägheit aufweist (langsame Temperaturveränderungen). Man geht überdies davon aus, dass die aktuellen Temperaturen des alpinen Permafrosts die Bedingungen am Ende der Kleinen Eiszeit widerspiegeln könnten.

Schwankungen der Permafrosttemperatur treten in der Tiefe mit zunehmender Reaktionszeit und abnehmender Amplitude auf. So dauert es etwa 6 Monate, bis die an der Oberfläche aufgenommene Energie durch Konduktion in 10 m Tiefe eindringt (Abb. 1). In dieser Tiefe werden die kurzfristigen Schwankungen der an der Oberfläche gemessenen Temperaturen weitgehend herausgefiltert. Die Kurven der zeitlichen Temperaturschwankungen weisen daher mehr oder weniger sinusförmige Verläufe auf. Aufgrund dieser Verzögerung werden in einer Tiefe von 10 Metern die Höchsttemperaturen im Winter und die Tiefsttemperaturen im Sommer erreicht. Ab einer Tiefe von 20 Metern sind die Temperaturschwankungen noch geringer, so dass sich mittelfristige Trends zur Erwärmung oder Abkühlung des Permafrosts ablesen lassen (Abb. 2 & 3).

Die ersten Bohrungen im Gebirgspermafrost sind erst vor kurzem erfolgt, die älteste stammt aus dem Jahr 1987. Auch wenn die Messreihen weniger lang sind als bei Gletschern, lassen sich dennoch Anzeichen für eine Erwärmung des alpinen Permafrosts feststellen. So hat sich der Untergrund im Murtèl-Corvatsch Blockgletscher (Engadin, GR) zwischen 1988 und 2015 in einer Tiefe von 11,6 m um etwa 1 °C erwärmt (Abb. 2). Dieser Temperaturanstieg in der Tiefe ist jedoch nicht linear, da die jährlichen Schwankungen relativ gross sind. Dagegen scheint sich in etwa 20 m Tiefe ein deutlicherer Trend abzuzeichnen, wo die Temperatur im Murtèl-Corvatsch Blockgletscher in 30 Jahren um 0.55°C angestiegen ist (Abb. 3).

c) Krümmung des Temperaturprofils (Reaktionszeit: Jahre bis Jahrzehnte)

Befindet sich der Permafrost im Gleichgewicht mit den vorherrschenden Klimabedingungen an der Bodenoberfläche (MAGST), ist sein vertikales Temperaturprofil mehr oder weniger linear (siehe Factsheet Permafrost 3.1). Bei einer Erwärmung (oder Abkühlung) der Oberfläche (MAGST) breitet sich der Wärmeüberschuss (oder das Wärmedefizit) allmählich in die Tiefe aus, wodurch das ursprüngliche Temperaturprofil gekrümmt wird (Abb. 4).Die Temperaturprofile aus verschiedenen Bohrlöchern in den Alpen (PACE- und PERMOS-Netzwerke) zeigen, dass der Permafrost derzeit nicht im Gleichgewicht mit den klimatischen Bedingungen an der Erdoberfläche ist. Die meisten heute gemessenen Temperaturverläufe im Untergrund zeigen daher das für eine Erwärmung des Permafrosts typische Bild einer Begradigung des Temperaturprofils (Abb. 4 & 5). Der obere Teil des Temperaturprofils krümmt sich in Richtung 0 °C. Bis zu einer Tiefe von 10-50 Metern ist der Temperaturgradient somit kleiner als darunter (d. h. < 1-3°C pro 100 m) oder sogar negativ. Zwischen der gemessenen und der anhand von ungestörten Profilen geschätzten Oberflächentemperatur liegt ein Unterschied von 0,5 bis 1°C. Diese Differenz wird als Zeichen der Erwärmung des Untergrunds während des letzten Jahrhunderts interpretiert.

d) Vertikale Verschiebung der Permafrostbasis (Reaktionszeit: Jahrzehnte, Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende).

Die letzte Ausgleichsphase führt zu einem Auftauen des Permafrosts von unten, was zu einer Abnahme seiner Gesamtdicke führt (Abb. 4). Eine solche Profilveränderung scheint bei keiner der tiefen Bohrungen in den Alpen begonnen zu haben.