Die Volumenausdehnung des Bodens bei Frost, auch Frosthub oder Frosthebung (frost heaving) genannt (Abb. 1), ist die Folge der Bildung von Eislinsen in der Tiefe oder von Eisnadeln an der Oberfläche. Der gefrorene Boden neigt dazu, sich parallel zum Verlauf der Gefrierfront zu heben. Diese Mechanismen, die vor allem in Böden mit eher feinkörniger Korngrössenverteilung ablaufen, führen zu einer Änderung der Bodenstruktur.
Eisnadeln (Pipkrakes) sind kleine Säulen aus faserigem Eis. Sie bilden sich auf feuchtem Boden, bei dem Gesteinsfragmente angehoben und selbst bei geringen Neigungen bewegt werden können (Abb. 2 & 3). Der nächtliche Frost wirkt auf den am Vortag aufgetauten, feuchten Boden ein und führt zur Bildung einer gefrorenen Kruste an der Oberfläche, mit Ausnahme der Stellen, an denen kleine Kieselsteine liegen, die als Wärmeisolatoren wirken. Wenn dann der Frost in die Tiefe dringt, wird das Wasser aus dem Boden gedrückt, ähnlich wie bei Zahnpasta aus einer Tube. Senkrecht zum Hang bilden sich Eisnadeln, die bis zu mehreren Zentimetern hoch sein können. Beim Auftauen haben sich die während des Frosts angehobenen Partikel um einige Millimeter/Zentimeter talwärts verschoben. Pipkrakes begünstigen Bodenerosion durch andere Prozesse (Regen etc.).
In feinkörnigen, nicht wassergesättigten Böden kommt es durch Frost zur Bildung von Segregationseis in Form von Eislinsen. Die Kryosuktion (oder Kryo-Osmose) ist ein Saugvorgang, der beim Gefrieren auftritt. Wenn ein Boden gefriert, wird das Porenwasser aus dem umgebenden, nicht gefrorenen Boden (z. B. aus dem Grundwasser) zu den wachsenden Eiskristallen gezogen. Dieser Prozess erklärt unter anderem die Segregation (Entmischung) von Eislinsen (Abb. 4 & 5).
Ein besonderer Mechanismus des Frosthubs ist die Kryoexpulsion (Abb. 6 & 7). Dieser Prozess lässt sich in einem Satz zusammenfassen: «Es handelt sich um (Kiesel-)Steine, welche im Winter aus dem Boden herauswachsen«. Die Steine bleiben im gefrorenen Boden hängen und werden von den darunter liegenden Eislinsen an die Oberfläche gedrückt. Beim Auftauen füllt sich der unter dem Stein gebildete Hohlraum mit Feinmaterial und der Stein kann nicht mehr in seine ursprüngliche Position zurückkehren. Von einem Frost-Tau-Wechsel zum nächsten richtet sich so ein Block auf (aufrechte Blöcke) und wandert allmählich an die Oberfläche.
Fig. 1 – Soulèvement gélival et température du sol dans une loupe de solifluxion (Padella, Engadine, GR), 1997-2000) (adapté de Matsuoka et al., 2003).
Abb.1: Frosthebung und Bodentemperatur in einer Solifluktionslobe (Padella, Engadin, GR), 1997-2000) (adaptiert aus Matsuoka et al., 2003).
Fig. 2 – Armée de pipkrakes au petit matin à proximité du sommet du Gramont (Chablais valaisan) : désolidarisation de la surface du sol lors du gel.
Abb.2: Pipkrakes am frühen Morgen in der Nähe des Gramont Gipfels (Walliser Chablais): Ablösung und Hebung von Partikeln an der Bodenoberfläche bei Frost.
Fig. 3 – Hypothèse des étapes de formation des aiguilles de glace (explications dans le texte).
Abb.3: Hypothese zur Entstehung von Eisnadeln (Erklärungen im Text).
Fig. 4 – Lentilles de glace dans les sédiments limoneux du Permafrost Tunnel à Fairbanks (Alaska).
Abb.4: Eislinsen in lehmigen Sedimenten des Permafrosts bei Fairbanks (Alaska).Abb.5: Prozess der Kryosuktion und Bildung von Segregationseis in Eislinsen.
Fig. 5 – Processus de la cryosuccion et formation de glace de ségrégation en lentilles.
Abb.5: Prozess der Kryosuktion und Bildung von Segregationseis in Eislinsen.
Fig. 6 – Pierre redressée en cours de cryoexpulsion au centre d’un polygone. La sortie du bloc provoque la formation d’un petit bourrelet terreux en surface (Vallon de Réchy, VS).
Abb.6: Aufrechter Stein in der Mitte eines Polygons während der Kryoexpulsion. Das Herausheben des Blocks führt zur Bildung eines kleinen Erdwulstes an der Oberfläche (Vallon de Réchy, VS).
Fig. 7 – Dans un sol hétérogène, les blocs sont solidaires de l’ensemble de la formation et, enchâssés dans la glace, ils se soulèvent (B), libérant un vide comblé par l’eau qui gèle à son tour (C). Lors du dégel (D), la chaleur pénètre depuis la surface mais le bloc est limité dans sa redescente par la glace qui a pris sa place lors du soulèvement. D’un cycle gel/dégel à l’autre, le bloc migre ainsi vers la surface (adapté de Pech, 1998).
Abb.7: In einem heterogenen Boden sind die Blöcke fest mit der gesamten Struktur verbunden. Bei Frost werden sie, eingebettet in das Eis, angehoben (B) und geben einen Hohlraum frei, der mit Wasser gefüllt wird, das wiederum gefriert (C). Beim Auftauen (D) dringt Wärme von der Oberfläche ein, aber das Eis, das beim Frosthub seinen Platz eingenommen hat, verhindert das Absinken des Blocks. Von einem Frost-Tau-Wechsel zum nächsten wandert der Block so an die Oberfläche (angepasst nach Pech, 1998).