3.7. Entwicklung der Wandvergletscherung und der Hängegletscher

Der Klimawandel hat in den Alpen während der letzten Jahrzehnte zu einem starken Rückgang der Wandvergletscherung geführt. Durch das Fehlen der schützenden Eisschicht hat sich in den nun wieder felsigen Wänden eine Auftauschicht gebildet, die zu zahlreichen Steinschlägen führt.

Wandvergletscherung und Hängegletscher (siehe Teil Gletscher) sind an sich kein Permafrostphänomen (Abb. 1). Stattdessen zeigen sie indirekt an, dass die Temperatur an ihrer Basis unter 0 °C liegt und somit Permafrost unter dem Gletschereis vorhanden ist. Andernfalls wären sie nämlich nicht stabil und könnten auf so steilen Hängen nicht existieren.

Schlüsselfaktoren für die Entwicklung der Wandvergletscherung sind Witterungsbedingungen (Schneefall und Temperaturen) im Frühling und Sommer (vor allem von Mai bis Juli). Tatsächlich scheint es, dass sich der Schnee nicht im Winter (November bis März) auf diesen Wänden ansammelt. Aufgrund der niedrigen Temperaturen bleibt er pulverig und kann nicht an der Wand haften, sondern wird ständig durch Winde und Lawinen wegtransportiert. Die Eisbildung findet daher hauptsächlich im Sommer statt, wenn der Schnee tagsüber durch die Sonneneinstrahlung und höhere Temperaturen feucht wird (schmilzt) und nachts wieder gefriert. Studien zu diesem Thema sind in den Alpen jedoch selten.

Seit dem Ende der Kleinen Eiszeit (siehe Factsheet Gletscher 4.6) hat die vereiste Fläche der Felswände (resp. die Fläche der Wandvergletscherung) stetig abgenommen, mit einer Beschleunigung seit den 1990er Jahren. Mit dem Verschwinden der Wandvergletscherung (Abb. 2) ändern sich die Bedingungen an und unter der Felsoberfläche drastisch: es kann zur Bildung einer Auftauschicht kommen. Da die Felswand nicht mehr durch das darüberliegende Eis vor mechanischen und thermischen Erosionseinwirkungen geschützt ist, taut das zerklüftete Gestein auf und oberflächliche Steinschläge werden extrem häufig (Abb. 3).