2.3. Frostsprengung

Die Frostsprengung ist ein sehr effektiver Erosionsprozess in Gebirgsregionen, welcher durch den wiederholten Wechsel von Frost-Tau-Zyklen in den Rissen des Gesteins verursacht wird. Die Produkte von Erosionsprozessen sind Frostschutt und Geröll.

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Die Frostsprengung oder Kryoklastik stellt die Zerstörung von Gesteinsmaterial durch Frost-Tau-Wechsel dar, die aufgrund der durch die Zustandsänderungen des Wassers in den Hohlräumen (Poren, Risse) des Gesteins ausgeübten Spannungen entsteht. Die Volumenzunahme des Porenwassers beim Gefrieren (+9 %) führt zu einem Druckanstieg von etwa 15 kg/cm2. Beim Schmelzen kommt es zu einer Druckentlastung. Die Wiederholung vieler Frost-Tau-Zyklen führt zu einer Ermüdung des Gesteins und einer Vergrösserung der Risse (Abb. 1). Die Anzahl der abwechselnden Frost-Tau-Zyklen an der Erdoberfläche ist abhängig von:

  • den Schneeverhältnissen. Wenn das Einschneien früh und stark ist, gibt es nur einen oder gar keinen Zyklus. Aufgrund ihrer starken Neigung sind Felswände selten mit Schnee bedeckt und daher anfällig für Frostsprengung.
  • der Exposition: Die jährliche Anzahl der Frost-Tau-Zyklen ist an einem Südhang (Sonnseite) oft höher als an einem Nordhang (Schattenseite). Dafür ist das Eindringen von Frost auf dem sonnigeren Hang weniger dauerhaft und weniger intensiv (Abb. 2).
  • der Jahreszeit: Im Hochgebirge sind kryoklastische Zyklen in den Zwischensaisons am zahlreichsten. Frostsprengung tritt daher vor allem im Frühling (Mai-Juni) und Herbst (September-Oktober) auf (Abb. 1). Aus diesem Grund ist die Steinschlaggefahr in den Perioden mit Frost-Tau-Wechseln am grössten.
  • der Höhenlage.

Dieser Prozess findet vor allem in kalten Regionen mit wiederholtem Überschreiten der 0°C-Grenze statt. Die Frostsprengung wirkt an der Gesteinsoberfläche und bis in die obersten Dezimeter darunter. Die Leitfähigkeit der Gesteine reicht nicht aus, um Frostsprengung durch Frost-Tau-Wechsel in grösserer Tiefe zu ermöglichen. Die Wirksamkeit der Frostsprengung ist auf exponierten Felsoberflächen (schneefreie Wände) am grössten und variiert je nach Gesteinsart (Kalkstein, Granit …), was zu einer relativ hohen Erosionsrate in den Bergen von 5 bis 50 cm pro Jahrhundert führt.

Dabei lösen sich meist sehr kantige Bruchstücke, sogenannter Frostschutt, deren Grösse je nach Frostintensität, Bruchdichte und Gesteinsart variiert. Je nach Gesteinsart und Struktur des Massivs können die Bruchstücke unterschiedliche Formen annehmen (kantige Blöcke, Schuppen, Blätter, Plättchen, Splitter usw.) (Abb. 3). Das Vorherrschen der Frostsprengung verleiht dem Relief eine scharfkantige Erscheinung (Abb. 4), die im Gegensatz zu den eher abgerundeten und polierten Reliefs steht, die durch das Vorherrschen der Gletschererosion entstehen (siehe Abschnitt Glazialmorphologie). Am Fusse der Felswände bildet die Akkumulation von Blöcken und Gesteinsschutt aufgrund der Frostsprengung und des anschliessenden gravitativen Transports Schuttkegel (linearer Schutteintrag in Steinschlagrinne, konvexe Form) oder Schutthalden (flächiger Schutteintrag, eher planare, hangparallele Form) mit einer durchschnittlichen Neigung von etwa 35° (Abb. 5 & 6). Schuttkegel und -halden sind eine der am weitesten verbreiteten Ablagerungsformen des alpinen periglazialen Prozessbereichs (siehe Factsheet Permafrost 5.1).