Der Schnee, die Bodenoberfläche und die Auftauschicht sind drei Filterebenen, welche Temperaturabweichungen (thermal offsets) von bis zu mehreren Grad zwischen der mittleren jährlichen Lufttemperatur und der Temperatur an der Permafrostobergrenze induzieren können (Abb. 1).
Eigenschaften der Geländeoberfläche
Topografische Parameter (Ausrichtung, Neigung, Vorhandensein eines höheren Reliefs) und von der Bodenbeschaffenheit abhängige Parameter (Albedo, Emissivität, Rauigkeit) bestimmen den Strahlungsaustausch zwischen der Atmosphäre und der Bodenoberfläche (Gesamtstrahlungsbilanz, die die Sonneneinstrahlung (kurzwellig) und die Infrarotstrahlung (langwellig) sowie sensible und latente Wärmeflüsse umfasst). Diese Parameter führen bei gleichen klimatischen Bedingungen und in gleicher Höhe zu räumlichen Unterschieden in der Bodentemperatur, die mehrere Grad betragen können.
Schneedecke
Aufgrund seiner sehr geringen Wärmeleitfähigkeit wirkt Schnee wie eine isolierende Schicht, deren Wirksamkeit mit zunehmender Dicke steigt und mit zunehmender Dichte abnimmt.Der Zeitpunkt des Einschneiens, die Dicke der Schneedecke und der Zeitpunkt der Schneeschmelze sowie die Umverteilung des Schnees durch Wind und Lawinen spielen eine entscheidende Rolle für die Temperaturen der Bodenoberfläche und des Permafrosts (Abb. 2 und 3):Ein spätes Einschneien lässt den Boden im Frühwinter stark abkühlen, während ein früher Schneefall im Herbst die Abkühlung des Bodens begrenzt.
Im Frühling und Sommer sind die Bereiche, die bis spät in der Saison schneebedeckt bleiben, vor Sonneneinstrahlung geschützt.
Zusammensetzung und Eigenschaften der Auftauschicht
Die Auftauschicht ist die oberste Schicht des Bodens/Untergrunds, die vom jahreszeitlich bedingten Auftauen betroffen ist. Die Wärmeübertragung erfolgt auf unterschiedliche Weise, wenn der Boden wenig oder eher durchlässig für Luft und Wasser ist (Abb. 4). Es lassen sich zwei Fälle unterscheiden:
- In kompaktem Gestein und Lockergestein mit feiner Korngrössenverteilung (Sand, Kies) erfolgt die Wärmeübertragung hauptsächlich durch Konduktion (Wärmeleitung).
- Wenn die Auftauschicht hauptsächlich aus grobem und porösem Material besteht, was in Lockermaterialansammlungen in Bergregionen (Schutt-/Geröllhalden, Blockgletscher) häufig vorkommt, ist die Wärmeübertragung komplexer. Da die Luft in einem sehr porösen Medium zirkulieren kann, finden erhebliche nicht-leitende Wärmeübertragungen in der vertikalen Ebene (Konvektion) und in der horizontalen Ebene (Advektion) statt.
Zusammenfassend lässt sich die räumliche Verteilung des Permafrosts in Bergregionen als Funktion der durchschnittlichen jährlichen Lufttemperatur (MAAT), die grösstenteils von der Höhe abhängt, und der drei Kontrollfaktoren (Eigenschaften der Geländeoberfläche, Eigenschaften der Auftauschicht und Eigenschaften der Schneedecke) auffassen.
Fig. 1 – Relation (simplifiée) entre atmosphère et toit du pergélisol : principaux paramètres (fixes) et variables du bilan d’énergie et sources possibles de décalages thermiques.
Abb.1: (Vereinfachte) Beziehung zwischen Atmosphäre und Permafrostobergrenze: wichtigste (feste) Parameter und Variablen der Energiebilanz und mögliche Quellen für thermische Abweichungen.
Fig. 2 – Variations des conditions thermiques du sol entre septembre 1999 et juillet 2001 au Ritord (VS). Les capteurs sont placés de part et d’autre d’un petit col, dont l’enneigement est fortement dépendant des régimes de vents dominants.
Abb.2: Schwankungen der Bodentemperaturbedingungen zwischen September 1999 und Juli 2001 in Ritord (VS). Die Sensoren sind auf beiden Seiten eines kleinen Passes angebracht, dessen Schneebedeckung stark von den vorherrschenden Windverhältnissen abhängt.
Fig. 3 – Le rôle du vent est important dans la distribution de la neige. La photo montre pour la même date le versant du col des Becs-de-Bosson (Vallon de Réchy) : à gauche, le versant est avec une grande accumulation de neige et une congère ; à droite, le versant ouest soufflé par le vent et presque libre de neige.
Abb.3: Der Wind spielt für die Schneeverteilung eine wichtige Rolle. Das Bild zeigt für das gleiche Datum den Hang des Col des Becs-de-Bosson (Vallon de Réchy): Links der Osthang mit grosser Schneeansammlung und Schneeverwehungen; rechts der windexponierte und fast schneefreie Westhang.
Fig. 4 – Effet de la granulométrie sur les variations de températures du sous-sol. Le graphique montre les gammes de températures modélisées dans un terril de débris rocheux de 14 mètres de haut après 650 jours selon deux modes de transferts de chaleur dominant : par conduction lorsque le milieu est peu perméable au passage d’un courant d’air (schéma en haut à droite) et par convection lorsque le milieu présente une forte perméabilité au passage d’un courant d’air (schéma en bas à droite).
Abb.4: Auswirkung der Korngrössenverteilung auf Temperaturschwankungen im Untergrund. Die Grafik zeigt die modellierten Temperaturbereiche in einer 14 Meter hohen Schutthalde nach 650 Tagen und gemäss zwei vorherrschenden Wärmeübertragungsarten: durch Wärmeleitung, wenn das Medium wenig luftdurchlässig ist (schematische Darstellung oben rechts), und durch Konvektion, wenn das Medium eine hohe Luftdurchlässigkeit aufweist (schematische Darstellung unten rechts).