1.5 Vergletscherte Felswände und Hängegletscher

Glaziale Prozesse kommen auch an vertikalen Felswänden vor. Damit das Eis an einer Steilwand haften bleibt, muss diese das ganze Jahr über gefroren sein. Wenn sich die klimatischen Bedingungen ändern und die Felswand wärmer wird, kann das Eis vergletscherter Felswände oder können Hängegletscher verschwinden. Das so freigelegte Gestein ist nicht mehr vor Erosion geschützt, was zu Steinschlag führt.

Vergletscherte Felswände und Hängegletscher (siehe Factsheet Gletscher 1.3) sind glaziale Formen, die darauf hindeuten, dass die Temperatur an ihrer Basis unter 0 °C liegt (Permafrost).

Die entscheidenden Faktoren für die Entwicklung der vergletscherten Felswände sind die Wetterbedingungen (Schneefall und Temperaturen) während des Frühlings und Sommers (insbesondere von Mai bis Juli). Tatsächlich scheint es so zu sein, dass sich der Schnee in diesen Wänden nicht im Winter (November bis März) ansammelt. Aufgrund der niedrigen Temperaturen bleibt er pulvrig und kann nicht an der Wand haften, sondern wird ständig von Winden und Lawinen wegtransportiert. Die Eisbildung (durch Gefrieren) findet daher hauptsächlich im Sommer statt, wenn der Schnee tagsüber durch die Sonneneinstrahlung und die höheren Temperaturen feucht werden kann, um dann nachts wieder zu gefrieren. Studien zu diesem Thema sind in den Alpen jedoch selten.

Seit dem Ende der Kleinen Eiszeit (1850) haben die Hängegletscher kontinuierlich an Fläche und Volumen verloren, mit einer beschleunigten Tendenz seit den 1990er Jahren.

Durch das anhaltende Verschwinden der Eisbedeckung in den vergletscherten Felswänden (Abb. 2) ändern sich die (thermischen) Bedingungen an und unter der Felsoberfläche drastisch: Es kann zur Bildung einer oberflächlichen Auftauschicht kommen. Fehlt das Eis in den steilen Felswänden, sind diese nicht mehr vor mechanischen und thermischen Erosionseinwirkungen geschützt. Das zerklüftete Gestein taut oberflächlich auf, was zu einer markanten Häufung von Steinschlägen führt (Abb. 3).