4.2 Klimaschwankungen und ihre Ursachen

Das Klima an der Erdoberfläche ist einem stetigen Wandel unterworfen und wechselt zwischen Warm- und Kaltzeiten. Die jüngste geologische Periode, das Quartär, dauert seit 2,6 Millionen Jahren und wird klimatisch besonders stark von den Schwankungen der Erdumlaufbahn beeinflusst.

Seit dem Beginn des Quartärs vor 2,6 Millionen Jahren ist das Klima auf der Erde vergleichsweise kalt. Wir befinden uns innerhalb des bisher letzten und gleichzeitig bekanntesten glazialen Zyklus’. Ein glazialer Zyklus umfasst wärmere (Zwischeneiszeiten, Interglaziale) und kältere (Eiszeiten, Glaziale) Perioden. Die Zwischeneiszeit, in der wir uns heute befinden (Holozän), begann vor 11’650 Jahren cal BP.

Die Erklärung für den Wechsel zwischen Eiszeiten und Zwischeneiszeiten wurde in den 1910er Jahren vom serbischen Mathematiker Milutin Milankovic, der sich mit der Umlaufbahn der Erde um die Sonne beschäftigte, vorgeschlagen. Milankovic entdeckte drei Hauptzyklen bezüglich der langzeitlichen Veränderungen der auf der Erde eintreffenden Sonnenstrahlung, mit einer Periodizität von 20’000, 41’000 und 100’000 Jahren.

Der erste Zyklus, der die Exzentrizität der Erdumlaufbahn um die Sonne betrifft, hat eine Dauer von 100.000 und 400.000 Jahren (Abb. 1a). Wenn die Erdumlaufbahn nahezu kreisförmig ist, ist der Abstand zwischen der Erde und der Sonne zu jeder Jahreszeit gleich, was die jahreszeitliche Variabilität der auf der Erde eintreffenden Sonnenstrahlung verringert. Wenn die Umlaufbahn elliptischer ist, ist die jahreszeitliche Variabilität stärker ausgeprägt.

Der zweite Zyklus betrifft die Änderung der Neigung der Erdachse und hat eine Periodizität von 41.000 Jahren (Abb. 1b). Änderungen des Neigungswinkels der Erdachse beeinflussen die jahreszeitliche  Variabilität der auf der Erde eintreffenden Sonnenstrahlung durch die Verschiebung der Polarkreise und Wendekreise.

Der dritte und letzte Milankovic-Zyklus betrifft die Präzession der Erdrotationsachse und weist eine Periodizität von 19’000 und 23’000 Jahren auf (Abb. 1c). Auch dieser Zyklus hat einen grossen Einfluss auf jahreszeitliche Schwankungen in der auf der Erde eintreffenden Sonnenstrahlung, die dann am grössten sind, wenn die Exzentrizität der Umlaufbahn ausgeprägt und der Abstand zwischen der Erde und der Sonne im nordhemisphärischen Winter am grössten ist.

Durch die Kombination dieser drei Zyklen lassen sich die Klimaschwankungen erster Ordnung (Glazial/Interglazial) und zweiter Ordnung (Stadial/Interstadial) des Quartärs zufriedenstellend erklären. Sie stehen nicht im Widerspruch zu den gegenwärtigen Auswirkungen deranthropogenen globalen Erwärmung auf die Gletscher (deren Zeitskala viel kürzer ist und im Bereich von Jahrzehnten bis Jahrhunderten liegt).