2.3 Makroformen der glazialen Erosion

Glaziale Makroformen sind auf regionaler Skala zu beobachten: Sie prägen die Alpentäler und sind der Ursprung bestimmter Bergseen.

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Unter den Makroformen (regionaler Massstab) stellt das Kar die einfachste Form der glazialen Übertiefung dar (Abb. 1). Es handelt sich um eine «breite Senke mit flachem Boden und leichtem Gefälle, im Gegensatz zu den steilen Wänden, welche die Senke umgeben, und welche im Allgemeinen wenig unterhalb der Kämme vertikal eingeschnitten sind” (P. Lory, zitiert in Lliboutry, 1965). Wenn ein Gipfel an seiner Basis von einer Reihe unterschiedlich ausgerichteter Kare begrenzt wird, entsteht ein Horn, ein pyramidenförmiger Gipfel, der von in unterschiedliche Richtungen fliessenden Gletschern geformt wurde. Das Matterhorn ist ein Beispiel dafür (Abb. 2).

Alpine Trogtäler sind ein weiteres Beispiel für glaziale Makroformen. Das Querprofil eines Trogtals ist in der Regel u-förmig (z. B. Lauterbrunnental, BE) (Abb. 3), aber es gibt auch v-förmige glaziale Täler (z. B. das Mer de Glace), was vor allem auf die subglaziale Schmelzwassererosion zurückzuführen ist. Die trogförmige Erosion wird durch die (abrasiven) Kräfte begünstigt, die der Gletscher seitlich auf die Hänge (Felswände) ausübt (Abb. 4). Die U-Form ist häufig auf die fluvioglaziale Auffüllung des Talgrundes mit Lockermaterial zurückzuführen, welche während und nach dem Gletscherrückzug stattfindet. So kann ein ursprünglich v-förmiges Talquerprofil aus felsigem Untergrund vollständig überdeckt werden. Dies ist in bestimmten Abschnitten des Rhonetals im Zentralwallis der Fall. Die unterschiedlichen relativen Kräfte, welche die Gletscher in einem Haupttal im Vergleich zu den Gletschern in einem Seitental auf den Untergrund ausüben, führt zu unterschiedlich starker Übertiefung der Täler: Nach dem Rückzug der Gletscher liegt das Haupttal tiefer als die weniger erodierten Seitentäler.

Letztere bilden Hängetäler. Durch rückschreitende Erosion der Seitenflüsse sind diese zunächst durch einen Wasserfall (z. B. Pissevache im Rhonetal, VS) und dann, bei ausreichender Erosion, durch eine Schlucht (wie z. B. Trient-Tal oder Lizerne-Talan deren Zusammenfluss mit dem Rhonetal, VS) mit dem Haupttal verbunden.

Das Längsprofil eines glazialen Tals ist durch eine Abfolge von Stufen und Senken gekennzeichnet, die als Felsriegel bzw. Übertiefungen bezeichnet werden (Abb. 5). Die Stufe kann talwärts ein Gegengefälle (also ein Gefällsanstieg) aufweisen; in diesem Fall kommt es zu einer glazialen Übertiefung, wie dies beispielsweise südlich des Felsriegels von St-Maurice der Fall ist, wo das Profil des Grundgesteins (Fels) bis zur Höhe des Riegels in nördlicher Richtung um mehrere hundert Meter ansteigt. Diese Übertiefungen können manchmal von einem See eingenommen werden (Abb. 6), wie es beim Genfer See nordöstlich des Genfer Felsriegels der Fall ist. Diese Art von Längsprofil ist auf die unterschiedliche Widerstandsfähigkeit des Grundgesteins (differentielle Erosion) zurückzuführen, die wiederum mit lithologischen oder tektonischen Faktoren zusammenhängt. Walfischrücken – kleinere glaziale Erosionsformen von maximal einigen Dutzend Metern Höhe – werden durch denselben Prozess der differentiellen Erosion geformt (Abb. 7).